Der Gesetzgeber hat in den letzten Monaten zahlreiche Gesetzesvorhaben beschlossen und auf den Weg gebracht. Das gemeinsame Ziel ist, einen finanziellen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten u.a. im Bereich der Energie zu schaffen und Anreize für einen schnelleren Übergang zu erneuerbaren Energien zu schaffen. Über einige bedeutende Regelungen hat der COBURGER mit Rechtsanwalt/Steuerberater Thomas Bittorf von der Kanzlei tb.legal gesprochen.
COBURGER: Die Inflation steigt monatlich an und erreicht regelmäßig neue Höchststände. Welche Maßnahmen hat der Staat ergriffen?
Thomas Bittorf: Der Bundestag hat am 30.9.2022 beschlossen, die Umsatzsteuer auf die Lieferung von Gas zeitlich befristet von derzeit 19 Prozent auf sieben Prozent zu senken. Die Senkung betrifft den Zeitraum vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 und soll auch für Fernwärme gelten. Ebenfalls im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt wurde eine Regelung zur Steuerfreiheit für Arbeitgeber-Zahlungen zum Ausgleich der Belastungen durch die Inflation in Höhe von 3.000 € bis Ende 2024 (sog. Inflationsausgleichsprämie).
COBURGER: Welche Voraussetzungen hat diese steuerfreie Inflationsausgleichprämie?
Thomas Bittorf: Sollte das Gesetz am Ende so beschlossen werden, sind in dem Begünstigungszeitraum bis zum 31.12.2024 Zahlungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bis zu einem Betrag von 3.000 € steuer- und sozialversicherungsfrei möglich. Gezahlt werden kann auch in mehreren Teilbeträgen. An den Zusammenhang zwischen Prämie und Preissteigerung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (z.B. durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht. Die Inflationsausgleichsprämie muss allerdings zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, eine Gehaltsumwandlung ist nicht möglich. Allerdings dürfte vermutlich in Einzelfällen auch eine Abgeltung von Überstunden möglich sein, wenn arbeitsvertraglich ein Freizeitausgleich geschuldet ist. Dies galt zumindest bei der steuerfreien Coronaprämie von 1.500 € bei Zahlung bis zum 30.06.2022. Man könnte die Prämie wohl auch für die Gewinnung von neuen Mitarbeitern oder im Rahmen von Auflösung von Arbeitsverhältnissen als Abfindung einsetzen. Zur Sicherheit sollte man eine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums dazu abwarten.
COBURGER: Thema Photovoltaikanlagen, was gibt es hier Neues zu berichten?
Thomas Bittorf: Laut dem Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2022 vom 14.09.2022 soll Ertragssteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) eingeführt werden. Die Steuerbefreiung soll dabei für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak) gelten. Die 100- kW (peak)-Grenze soll dabei pro Steuerpflichtigem bzw. Mitunternehmerschaft zu prüfen sein. Die Steuerbefreiung soll unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms sein. Besonders an der Neuregelung ist auch die flankierende Umsatzsteuerbefreiung.
COBURGER: Was bedeutet dies konkret?
Thomas Bittorf: Bei Lieferung, Erwerb und Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern ist in Zukunft keine Umsatzsteuer mehr zu zahlen, weil der Gesetzgeber diese Leistungen mit 0% besteuert. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um eine Leistung an den Anlagenbetreiber handelt – und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Damit werden die Anschaffungskosten ab 2023 um die bisherige Umsatzsteuer 19% billiger. Dies müsste meiner Meinung nach auch schon für in 2022 bestellte, aber erst in 2023 zu liefernde Anlagen gelten. Es fällt also künftig bei der Lieferung und Installation keine Umsatzsteuer mehr an. Im laufenden Betrieb können die Betreiber künftig die sog. Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, so dass die Nutzung und Einspeisung unter den o.g. Voraussetzungen in den meisten Fällen komplett steuerfrei sein werden.
COBURGR: Das sind ja einmal gute Nachrichten. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!