Bekanntlich können sich Ehegatten zusammen oder einzelnen zur Einkommensteuer veranlagen lassen. Bei unterschiedlich hohen Einkommen ist wegen der Abmilderung der Steuerprogression die Zusammenveranlagung in der Regel günstiger. Sie ist allerdings nur möglich, wenn die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben und beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Es genügt, dass die Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben, sodass auch im Trennungsjahr die Zusammenveranlagung gewählt werden kann. Häufig verweigert ein Ehegatte nach der Trennung seine Zustimmung zur Zusammenveranlagung für das Trennungsjahr oder auch für das vorherige Kalenderjahr, falls eine Einkommensteuer noch nicht abgegeben wurde und beantragt stattdessen eine für ihn günstigere Einzelveranlagung. Ob dies zulässig ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, darüber hat der COBURGER mit Rechtsanwalt und Steuerberater Thomas Bittorf von der Kanzlei tb.legal gesprochen:
Muss man auch nach der Trennung einer Zusammenveranlagung zustimmen?
Thomas Bittorf: Im Grundsatz ja: Es besteht die Verpflichtung eines Ehegatten, der steuerlichen Zusammenveranlagung zuzustimmen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten – der beispielsweise wesentlich mehr verdient hat – durch Zusammenveranlagung gemindert wird und der zustimmende Ehegatte keiner zusätzlichen Belastung ausgesetzt wird. Die aus der Ehe resultierende Pflicht, auf die wirtschaftlichen Interessen des anderen Partners Rücksicht zu nehmen, wirkt somit über den Trennungszeitpunkt hinaus.
In der Praxis wird dies dadurch umgesetzt, dass sich der die Zustimmung Verlangende in einer schriftlichen Erklärung verpflichtet, den anderen Ehegatten von solchen Mehrbelastungen freizustellen. Liegt eine solche Verpflichtungserklärung vor, muss auch die Zustimmung zur Zusammenveranlagung erteilt werden.
Manchmal ist ja nicht genau klar, ob man schon dauernd getrennt gelebt hat oder nicht. Wie es in diesem Fall zu verfahren?
Thomas Bittorf: Die Pflicht, von dem anderen Ehegatten die gewünschte Zusammenveranlagung zuzustimmen, besteht auch dann, wenn die Voraussetzungen steuerlichen Zusammenveranlagung zweifelhaft sind. Denn dem die Zustimmung wünschenden Ehegatten darf nicht schon im Vorfeld die Möglichkeit genommen werden, dass die allein zuständigen Finanzbehörden hierüber entscheiden. Eine Zustimmungspflicht besteht nur dann nicht, wenn eine gemeinsame Veranlagung von vornherein zweifelsfrei nicht in Betracht kommt.
Kann der zustimmende Ehegatte eventuell eine Sicherheitsleistung verlangen?
Thomas Bittorf: Nein, selbst wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der die Zustimmung begehrende seine Verpflichtung zum Nachteilsausgleich nicht nachkommt, kann eine Sicherheitsleistung nicht verlangt werden. Denn derjenige, der zustimmt, kann beim Finanzamt selbst einen sogenannten Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 der Abgabenordnung stellen. Dies hat zur Folge, dass die Steuer dann im Innenverhältnis der Ehegatten so errechnet wird, wie sie bei fiktiver getrennter Veranlagung festgesetzt würde, sodass ihm kein Schaden droht. Der zustimmende Ehegatte wird dadurch vor einer Vollstreckung durch das Finanzamt geschützt.
Was passiert, wenn er die Erklärung nicht abgibt?
Thomas Bittorf: Eine schuldhafte Verletzung durch die unberechtigte Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung führt zu einer Schadensersatzverpflichtung. Beantragt also ein Ehegatte Einzelveranlagung, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, kann er dem anderen Ehegatten zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der ihm durch dessen Einzelveranlagung entsteht, wenn eine Änderung des Bescheids beim Finanzamt aufgrund Bestandskraft nicht mehr möglich ist. Die Möglichkeiten zur nachträglichen Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids sind seit 2013 nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 EStG möglich. Der Schadensersatz beläuft sich auf den Teilbetrag, um den der die Zustimmung verlangende Ehegatte durch die Zusammenveranlagung im Ergebnis bessergestellt worden wäre. Trotz der Verlockung auf eine höhere Steuererstattung mittels der Einzelveranlagung sollte man sich wegen des nachwirkenden Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme vorher tunlichst abstimmen oder zumindest beraten lassen.