Nach OECD-Studien belegt Deutschland bei der Einkommensbesteuerung von Ledigen und Familien regelmäßig Spitzenplätze. Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, Benzinsteuer oder sonstige Steuern auf den Konsum: Der Staat kassiert in vielen Fällen mit, wenn auch teilweise unbemerkt. Der Konsum wird stets besteuert, während der Staat sich bei Investitionen eher zurückhaltend zeigt. Im Vergleich mit anderen Volkswirtschaft en in Europa und der Welt gibt es dennoch in Deutschland nach wie vor einige wenige „Besteuerungslücken“, die eine steuerfreie Vermögensmehrung auf legalem Wege zulassen. Welche Möglichkeiten der Gesetzgeber bislang noch offengelassen hat, darüber hat der COBURGER mit Rechtsanwalt/Steuerberater Thomas Bittorf von der Kanzlei tb.legal gesprochen.
COBURGER: Steuerfreie Vermögensmehrung hört sich gut an, wo könnte ich steuerfrei investieren?
Thomas Bittorf: Sie könnten in Goldmünzen, Gemälde, Uhren, Autos und alle sonstigen Gegenstände mit einem Sammlerwert investieren. Die Wertsteigerung bei der Einkommensteuer ist steuerfrei, wenn die Zeitspanne zwischen dem Kauf und dem Verkauf mindestens ein Jahr und ein Tag beträgt. Es kommt dabei maßgeblich auf die beiden Vertragsabschlüsse an. Die Tätigkeit darf aber keinen gewerblichen Charakter haben, sondern sollte nur gelegentlich erfolgen und darf nach Auffassung des Finanzamts über die private Vermögensverwaltung nicht hinausgehen. Aber meistens hält man solche Gegenstände ohnehin langfristig, weil eine Wertsteigerung auch nicht über Nacht eintritt. Die bislang sicherste, rentabelste und steuerlich gesehen beste Anlage sind allerdings privat gehaltene Immobilien.
COBURGER: Inwiefern? Ich dachte immer, man muss die Mieteinkünfte versteuern?
Thomas Bittorf: Das ist auch richtig. Einkünfte aus Vermietung privat gehaltener Immobilien sind einkommensteuerpflichtig. Bei der Ermittlung der Einkünfte werden von den Mieteinnahmen als Werbungskosten vor allem die laufenden Gebäudeabschreibungen (derzeit 2 %) sowie die Zinsen für Darlehen abgezogen. Mit Ausnahme des anschaffungsnaher Erhaltungsaufwands sind Aufwendungen für Instandsetzungen und Modernisierung sofort absetzbar, wenn sie nicht zu Herstellungskosten führen. Im Ergebnis werden dadurch aus der Vermietungstätigkeit oftmals steuerliche Verluste ausgewiesen, die im gleichen Jahr mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten, wie z.B. Gehältern oder freiberuflichen Einkünften verrechnet werden können. Dadurch vermindert sich die Steuerlast. Die Steuerersparnis wird üblicherweise dafür genutzt, das Bankdarlehen zur Finanzierung der Immobilie zurückzuzahlen.
COBURGER: Wie kommt man dann zu einer steuerfreien Vermögensmehrung?
Thomas Bittorf: Die Wertsteigerungen, die Abschreibungen und die sonstigen Abzüge bei der Immobilie führen zur Entstehung von stillen Reserven. Diese müssten zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung eigentlich spätestens bei einem Verkauf nachversteuert werden. Trotzdem bleiben Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien steuerfrei, wenn die Immobilie nach dem Erwerb länger als 10 Jahre gehalten wurde. Wird die Wohnung oder das Haus somit z.B. nach 11 Jahren veräußert, erfolgt auch keine Nachversteuerung der als Werbungskosten geltend gemachten Beträge. Im Ergebnis ist die Wertsteigerung somit komplett steuerfrei.
COBURGER: Gilt dies auch für selbstbewohnte Immobilien?
Thomas Bittorf: Wird die Wohnimmobilie ausschließlich – quasi als Familienheim – zu eigenen Wohnzwecken genutzt, können zwar keine Ausgaben wie Abschreibung und Zinsen geltend gemacht werden. Jedoch ist eine Veräußerung unabhängig von der Haltedauer sogar stets steuerfrei. Somit braucht die Wertsteigerung ebenfalls nicht versteuert zu werden. Selbst wenn man ein Arbeitszimmer nutzt, das nicht zum Betriebsvermögen z.B. eines Freiberuflers oder Gewerbetreibenden gehört, sondern für das Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit angesetzt wurden, hindert dies nicht die Steuerfreiheit. Private Immobilien – egal, ob vermietet oder selbstbewohnt – sind in Deutschland deshalb nach wie steuerlich gesehen die beste Anlageform. Bei Aktien muss zum Beispiel sowohl auf die Dividenden als bei Verkauf auf die Kurssteigerung in der Regel jeweils Abgeltungssteuer von 25 % gezahlt werden, es sei denn, der persönliche Einkommensteuersatz liegt tatsächlich darunter.
COBURGR: Das ist wirklich interessant. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!